Synopse van Beveren Gutachten (German Wings 9525 Absturz)

Interessantes ohne bestimmtes Thema!

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consuli
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Synopse van Beveren Gutachten (German Wings 9525 Absturz)

Beitrag von consuli »

Das van Beveren Gutachten war gestern Mittag zwischenzeitlich mal das Top-Thema des Tages. Zum abend hin verzichteten dann immer mehr Medien auf die Verbreitung des Gutachtens, wohl aufgrund der Pietät gegenüber den Angehörigen am Jahrestag des Absturzes. Heute am Samstag ist Wochenende. Und am Montag wird der Medienzirkus sehr wahrscheinlich zu einem anderen Top-Thema übergehen.

Der Herr van Beveren ist einer der führenden Flugverkehrexperten in Deutschland. Wenn jemand solchen Formats in wissenschaftlicher Arbeit und in nachvollziehbarem Vortrag mehr als 10 substanzielle Zweifel am offiziellen Absturzbericht vorbringt, verdient diese Suche nach der Wahrheit auch meine Unterstützung als Wissenschaftler.

In den sozialen Netzwerken werden Tag ein Tag aus irgendwelchen hohlen Meinungen gedrescht. Aber Informationen (die man eigentlich als Wissenschaftler sucht) findet man dort nicht. Deshalb habe ich mich entschlossen, die nachfolgende meinungsfreie Synopse der Pressekonferenz zu erstellen.

Eine Synopse ist ein stark komprimierter Vergleich der zentralen Punkte zweier umfangreicher, inhaltlich unterschiedlicher Darstellungen. Diese Synopse ist nach besten Wissen auf Grundlage der n-tv Live Übertragung der Pressekonferenz vom 24.03.2017 von rund 11:00 Uhr bis 12:10 Uhr erstellt worden (die Pressekonferenz lief aber noch etwas länger). Herr van Beveren wurde vom Vater des German Wings 9525 Copiloten beauftragt, ein zweites Gutachten zu erstellen, insbesondere weil zweiter an der offiziellen Ermittlungsversion zweifelt. Herr van Beveren ist ein führender deutscher Flugverkehrjournalist. Das von Herrn van Beveren erstellte Gutachten ist im Wesentlichen ein Sekundärgutachten, namentlich ein Gutachten auf Basis anderer Gutachten. Bei den reevaluierten Gutachten handelt es sich – laut Pressekonferenz - um das zivile Gutachten der Flugverkehrsbehörde, den französischen kriminalistischen Ermittlungsbericht und den deutschen kriminalistischen Ermittlungsbericht. Aus dem Grund der bilateralen synoptischen Vergleichbarkeit werden die drei offiziellen Gutachten nachfolgend vereinfachend zur „offiziellen Version“ zusammengefasst.

Offizielle Version
Der Copilot war ein langjähriger psychiatrischer Depressionspatient mit stationären Aufenthalten in der Psychiatrie. Seine kurz vor dem Absturz neu aufgetretene Sehstörung war ein Symptom einer beginnenden Schizophrenie. Darüber hinaus raubte ihm die Sehstörung seine letzte Hoffnung, seinen Beruf als Pilot weiter ausüben zu können. Die Lebensgefährtin gab bei der Durchsuchung der Wohnung an, er nahm regelmäßig Antidepressiva.

Van Beveren Gutachten
Der Copilot hatte nur einmal vor mehr als 6 Jahren eine starke depressive Episode. Er war niemals in stationärer psychiatrischer Behandlung. Diese Annahme beruht lediglich auf einem Tippfehler der Hausärztin, welche den Vermerk „bereits früher Statß“ in ihre Patientenakte eintrug (Shift-Taste beim Drücken der „?“-Taste vergessen). Ärzte und Therapeuten hat er in der Zeit vor dem Absturz lediglich wegen der Sehstörung besucht. Neben dem Augenarzt und einem weiteren Therapeuten gab es unter vielen konsultierten Behandlern keinen einzigen weiteren, der depressive Tendenzen bemerkt hat. Insbesondere gab es auch im sozialen Umfeld (Familie, Freund, Kollegen) keinen einzigen, der depressive Probleme bemerkt hätte. Vielmehr hat der Copilot auf seine Mitmenschen einen glücklichen Eindruck gemacht. Während der Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung war die Lebensgefährtin gar nicht anwesend. Sie hat auch keine regelmäßige Einnahme von Antidepressiva zu Protokoll gegeben. Die beiden planten zu heiraten. Noch wenige Tage vor Absturz hat sich der Copilot mit einem von drei Tablets bei zwei Sportpartnerportalen registriert. Beides sind Planungen, die man als höchst depressiver Patient oder gar als angehender Selbstmörder nicht machen würde. In der Zeit vor dem Absturz hatte der Copilot neben der Sehstörung nur Schlafprobleme.


Offizielle Version
Aufgrund seiner ausweglosen Krankheitssituation in Verbindung mit starken Depressionen hatte der Copilot seinen Kollateral-Suizid geplant. Während der Pilot die Bordtoilette benutzte, verschloss der Copilot absichtlich die Tür des Cockpits und stellte den Autopilot absichtlich auf 100 Fuß. Damit verursachte er vorsätzlich den Absturz des German Wings Flugs 9525, bei dem sämtliche Insassen und er selbst wie geplant starben.

Van Beveren Version
Die Version des vom Copiloten vorsätzlich verursachten Absturzes wurde erstmalig bereits 2 Tage nach dem Absturz vom französischen Staatsanwalt zum Ausdruck gebrach, und zwar in einer konjunktivischen (mutmaßenden) Formulierung. Zu diesem Zeitpunkt konnte man überhaupt noch nichts Valides über den Hergang des Absturzes sagen. Dato war zwar der Flugschreiber geborgen; die Speicherkarte des Flugschreibers fehlte aber noch, weil sie durch den Aufprall aus der Flugschreiberbox herausgebrochen war. Allgemein unterliegen Untersuchungen von Flugzeugunfällen dem sogenannten Preconfirmation-Bias. Werden vorzeitig nicht-validierte Informationen herausgegeben, tendieren Flugzeugunfalluntersuchungen aufgrund des hohen öffentlichen Drucks öfter dazu, diese nachträglich auch fälschlich zu bestätigen.

Die Aufzeichnung des Voicerecorders weist lediglich eine atmende Person im Cockpit nach. Es ist weder bewiesen, dass es sich dabei um den Copiloten handelte noch dass die atmende Person bei Bewusstsein war. Am Absturztag gab es auf der Strecke in der Flughöhe starke Luftturbulenzen, welche geeignet waren, die strukturelle Integrität eines Flugzeugs vom vorliegenden Typ zu beschädigen. Da die Flughöhe nahe der maximalen Flughöhe des Flugzeugs war, konnte eventuellen Luftturbulenzen gegebenenfalls nur durch Reduktion der Flughöhe begegnet werden. Insofern könnte die Autopiloteinstellung von 100 Fuß Flughöhe auch das Ergebnis eines Notmanövers bei einsetzender Bewusstlosigkeit sein.

Darüber hinaus ist auch die Aufzeichnung des Flugschreibers dahingehend nicht schlüssig, dass im Autopiloten die Neueinstellung der Sollflughöhe auf 500m innerhalb einer Sekunde erfolgt sein soll. In nachgestellten Versuchen in einem Flugsimulator und einem Airbus gleichen Typs war es erfahrenen Piloten nicht möglich, diese Einstellung unter 2 Sekunden vorzunehmen, eher deutlich länger. Erschwerend kam hinzu, dass der Autopilot im Flugzeug auf der Seite der Nicht-Präferenzhand des Copiloten installiert war.

Bei der abgestürzten Maschine traten bereits vorgängig des Absturzes (am Boden) zwei Pannen am Keypad auf, das die Tür zum Cockpit öffnet. Der Wartungsdienst musste kommen und die Cockpit-Tür öffnen. Erschwerend stand bei der abgestürzten Maschine wenige Tage vor dem Absturz nach Wartungsplan eine große Inspektion an. Diese große Inspektion wurde um ein halbes Jahr verschoben. Die Funktionsprüfung des Keypads ist nicht Bestandteil der Checkliste, die die Piloten vor dem Start eines ein Flugzeugs durchführen. Das Keypad wird ausschließlich bei der großen Inspektion geprüft, welche jedoch um ein halbes Jahr verschoben wurde. Wenn das Keypad nicht funktioniert, öffnet die Cockpit-Tür nicht. Eines aktiven Zutuns des Copiloten bedarf es dazu nicht. Wenn der Co-/Pilot bewusstlos ist, kann er auf den Com-Ruf von der Cockpit-Tür nicht reagieren, und die Cockpit-Tür bleibt verschlossen.


Van Beveren Gutachten zur Qualität der offiziellen Gutachten

Insgesamt haften den offiziellen Gutachten auch erhebliche methodische Fehler an. Zum ersten fehlt es den offiziellen Gutachten gänzlich an den G-Daten der Beschleunigungssensoren, ohne die eine sichere Rekonstruktion des Absturzvorgangs nicht möglich ist.

Zum zweiten werden bei Flugzeugunfällen technische Defekte üblicher Weise von technischen Gutachter (Ingenieuren) bewertet und menschliche Fehler üblicher Weise von Gutachter mit Spezialisierung auf menschliche Fehler (Ärzte und Psychologen mit Flugverkehrsbezug). Im vorliegenden Fall wird jedoch ein menschlicher Fehler behauptet. Es ist aber kein einziger Gutachter für menschliche Fehler herangezogen worden, obwohl diese sowohl auf deutscher als auf französischer Seite mit ausgezeichneter Qualifikation zur Verfügung standen. Das Gesamtergebnis „Psychopathischer Copilot hat Flugzeug in Kollateral-Selbstmordabsicht vorsätzlich abstürzen lassen“ wurde ausschließlich von Ingenieuren ermittelt, welche für dieses Fazit nicht ausreichend qualifiziert waren.

Letztlich ist die deutsche Kriminalermittlungsakte nicht – wie vorgeschrieben – chronologisch geführt.

(Ohne Anspruch auf Vollständigkeit; nur der Teil Pressekonferenz ging ein, welcher von n-tv live übertragen wurde – ca. knapp 90%.)

Und bitte. Fakten vor Meinungen bei einem sensiblen Thema.
Irmgard.
consuli
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Re: Synopse van Beveren Gutachten (German Wings 9525 Absturz)

Beitrag von consuli »

Ausführliche Zusammenfassung des van Beveren Gutachtens bei Zeit-Online

Die Zeit scheint auch das einzige Medium zu sein, das überhaupt bereit ist, sich mit dem Inhalt des van Beveren Gutachtens auseinander zu setzen.
Vgl. https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=tim ... ermanwings&*
Die anderen Medien fokussieren - z.T. ausschliesslich - auf den emotionalen Problemen im Zusammenhang des Gutachtens.

Auch ich kenne die wahre Absturzursache natürlich nicht. Aber wenn die Suche nach der Wahrheit bereits unmoralisch ist ...
Irmgard.
consuli
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Re: Synopse van Beveren Gutachten (German Wings 9525 Absturz)

Beitrag von consuli »

Heute war in den Nachrichten, dass die nach dem Germin-Wings Absturz eingeführte 2-Mann-Cockpitregel, wieder abgeschafft [edit] werden soll.
[/edit]
Irmgard.
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