Hallo Günter,
student hat geschrieben:Es ist immer eine Herausforderung, ein Thema umfassend und dabei kurzweilig zu beschreiben. Mein Ziel ist es, das Thema mit der nötigen Exaktheit einem Einsteiger zu vermitteln.
Ja, ich weiß, dass das schwierig ist und ich schätze Dein Engagement und Deine Mühe und Deine Zeit, die Du für diese Videos im Allgemeinen und auch gerade in dieses im Speziellen steckst. Ich habe nur eine andere Meinung, welches Maß an Exaktheit hier
nötig ist.
Sicher kann nur eine Aussage zur Wahrscheinlichkeit der Nullhypothese gemacht werden.
Nein, die kann eben nicht gemacht werden. Welche Wahrscheinlichkeit kannst Du denn in Deinem 36-Gramm-Beispiel über die Wahrscheinlichkeit der Nullhypothese machen?
Und wenn die Frage vernünftig formuliert ist, besteht eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für die Alternativhypothese. Das ist - so hoffe ich - eine Botschaft des Videos.
In der Bayes-Welt besteht eine Wahrscheinlichkeit für die Alternativhypothese, dass McDonald's Patties macht, die etwas leichter oder etwas schwerer als 36 Gramm sind - Du kannst sie aber aufgrund Deines t-Tests nicht irgendwie eingrenzen.
Im Gedankengebäude des t-Tests (NHST) besteht hingegen keine Wahrscheinlichkeit der Alternativhypothese. Hypothesen sind im NHST-Umfeld entweder wahr oder nicht wahr, haben aber keine Wahrscheinlichkeiten. Wahrscheinlichkeiten kommen in diesem System nur Daten, niemals Hypothesen zu.
Ist es nicht so, wenn die Nullhypothese nicht abgelehnt werden kann, dass eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für die Nullhypothese spricht?
Solange der Mittelwert einer stetigen Verteilung entspringt und zugleich als Punkthypothese formuliert ist, ist deren Wahrscheinlichkeit Null. Insofern ist sie bestimmt, aber unrealistisch.
Überrings, das Patty-Sollgewicht kommt tatsächlich von MC (ohne die Nachkommastellen...).
Ok, einigen wir uns auf eine Nachkommastelle als Messgenauigkeit. Dann sind die Gewichte natürlich nicht mehr stetig, sondern diskret verteilt. Bei diskret verteilten Daten kommt der Nullhypothese (Gewicht = 36 g) natürlich eine Wahrscheinlichkeit größer als Null zu. Dann passt aber der t-Test nicht mehr. Wie man es dreht, der t-Test ist definitiv nicht geeignet, der Hypothese oder der Nullhypothese eine Wahrscheinlichkeit zuzuordnen.
Was den Fehler 1. Art bzw. 2 Art angeht, wird gerade hier (6:48) dargelegt, dass durchaus Fehler bezüglich Nullhypothese und Alternativhypothese möglich sind.
Vielleicht habe ich das unzureichend erklärt, aber Fehler erster und zweiter Art haben nichts mit meinem Problem zu tun, dass NHST-Tests keine Wahrscheinlichkeiten von Hypothesen berechnen und dass Nullhyptothesen, die als Punkthypothesen im stetig verteilten formuliert sind, immer falsch sind.
Wie würdest Du das Thema angehen?
Ich habe nur ein oder zwei Fehler im Detail angesprochen und sage nicht, dass Du das Thema anders angehen solltest. Ich will Dir auch gar nicht sagen, wie Du das Thema angehen solltest, Du hast Dir da bestimmt reichlich Gedanken drum gemacht, wie man das einführt, ich nicht. Ich beobachte nur, dass viele Leute nicht wirklich wissen, was p-Werte überhaupt aussagen und finde, dass man diesen Missverständnissen und Fehlinterpretationen ganz von Anfang der Ausbildung an vorbeugen sollte, indem man diesbezüglich auf Exaktheit in der Sprache achtet.
Von Anfang an müssen die Leute wissen, dass p-Werte gleichverteilt sind, falls die Nullhypothese stimmt und vor allem, dass sie im Falle der Nullhypothese nichts aussagen! Von Anfang an den Leuten sagen, dass man über die Wahrscheinlichkeiten von Hypothesen aufgrund von Daten nur dann etwas sagen kann, wenn man Priorannahmen formuliert. Dass der Fall Deiner Patties, nämlich ein p-Wert > 0,05, ohne Poweranalyse keine konkrete Aussage erlaubt.
Die ASA hat vor einiger Zeit eine Stellungnahme gegen die Überbewertung von p-Werten veröffentlicht. Ich glaube, die Leute würden p-Werte nicht so übergewichten, wenn ihnen bewusst wäre, wie wenig ein p-Wert sagt.
Natürlich ist das nur meine Meinung. Natürlich tun wir, wider besseres Wissen oder nicht, immer so, als ob wir mit dem Ablehnen der Nullhypothese die Alternativhypothese annehmen müssten/dürften. Du kannst sagen, dass Anfänger all die schlechten Angewohnheiten und Fehlannahmen mit Gewohnheitsrecht lernen müssen, um sich in der Welt der praktischen Statistik zurecht zu finden. Das ist eine valide, andere Argumentation, aber eben nicht meine.
Nochmal: Ich finde Dein Projekt richtig gut und gewichte hier nur anders. Ich bin aber sehr entschieden in dieser anderen Gewichtung.
LG,
Bernhard